[Name eingeworfen]
Viele ihrer Mitschüler waren bereits hier gewesen, um ihren Namen in diesen Kelch zu werfen. Einige davon waren sicherlich mutiger als sie, aber es gab auch genügend, die der Ravenclaw in puncto Zauberfertigkeit und Geschick niemals das Wasser reichen konnten.
Sie hatte lange überlegt, ob sie diesen Schritt wagen sollte, schließlich bedeutete das, falls man ausgewählt werden würde, dass man einige Gefahren überstehen musste. Einige davon konnten sogar zum Tod führen, wenn man nicht bedacht und fähig genug war.
Doch Cassandra wusste genau was sie wollte: Praxis. Für sie stand das Wissen, das man durch eine erfolgreiche Teilnahme gewinnen konnte, im Vordergrund. Ruhm, Ehre, das waren für sie Begriffe ohne Wert. Menschen, die zu viel wert darauf legten würden früher oder später selbst dafür sorgen, dass sie ohne viel davon da standen.
Doch wer nach Wissen, Erfahrung, sowie Weisheit strebte, der konnte im Leben einiges erreichen.
Sie war erst in der fünften Klasse, doch sie wusste ganz genau, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Und ein langweiliger Bürojob gehörte da sicher nicht dazu.
Sie wollte Action, Abenteuer und natürlich auch ihren Zauberstab einsetzen. Da gab es zwei Berufe, die in Frage kamen: Fluchbrecher bei Gringotts oder Auror beim Ministerium. Beides waren Tätigkeiten, bei denen man außerordentlich auf der Hut sein musste.
Da konnte jede noch so kleine Erfahrung lebensrettend sein. Der Unterricht in Hogwarts war natürlich ausgezeichnet und man lernte viel, wenn man nur wollte, jedoch fand Cass, dass man manche Dinge nicht in einem Klassenzimmer lernen konnte. Ihre Bewerbung für den Duellierclub war ja dank ihres Ausflugs in den Verbotenen Wald abgelehnt worden, daher brauchte sie eine andere Möglichkeit um die erlernte Theorie in die Praxis umzusetzen.
Anders als zum Beispiel Leeroy, hatte sie keine Angst davor, nicht zu gewinnen. Sie brauchte keinen Pokal, um stolz auf sich zu sein, sie würde schon zufrieden sein, wenn sie nur etwas dabei lernen konnte.
Der Angsthase in ihr hatte sich natürlich auch zu Wort gemeldet, doch ihr Gehirn hatte ihn mit den Argumenten besiegt, dass wohl keine Eulen zu den Herausforderungen zählen würden. Und was konnte schon so schlimm sein, an einem Wettkampf an dem man ab der dritten Klasse teilnehmen durfte?
Du würdest dich wundern, piepste eine Stimme in ihrem Kopf. Und da hatte sie schon Recht. Man sollte sich wirklich bewusst sein, was man tat, wenn man seinen Namen einwarf.
Natürlich war die Chance, dass man gewählt wurde sehr gering, da jeder möchtegern Macho seinen Namen einwerfen würde.
All diese Dinge waren schnell vergessen, als sie schließlich vor dem steinernen Kelch stand. Sie fragte sich, ob sie noch ganz bei Trost war. Aber der Entschluss war gefasst. Sie musste an ihrer Ängstlichkeit arbeiten und das hier war ein großer Schritt in die richtige Richtung. Oder war die richtige Richtung retour und wieder hinaus?
Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Zettel, den sie zuvor beschriftet hatte. Sie konnte ihn nicht finden, ihre Tasche war heillos überfüllt. Ob das ein Zeichen war? Noch konnte sie ja wieder gehen und so tun, als ob sie nie hier gewesen wäre. Die Ravenclaw mit den blonden Locken wühlte in ihrer Tasche. Er war ja gerade noch da gewesen, dachte sie etwas genervt.
Da passierte, was zu erwarten war: die Tasche fiel ihr von der Schulter und der Inhalt verteilte sich auf den Boden. Ein Haufen Bücher, Zettel, Federn, Krimskrams und Süßigkeiten zog nun die Blicke der ebenfalls anwesenden Schüler auf sich. Mit rotem Gesicht fing Cassandra an, ihre Tasche wieder einzuräumen. Der einzige Vorteil war, dass der Zettel mit ihrem Namen darauf ebenfalls zwischen dem ganzen Zeugs zum Vorschein kam. Vor lauter Scham und dem Drang so schnell wie möglich zu verschwinden, schnappte sich die Fünftklässlerin den Zettel aus dem Haufen und warf ihn in den Kelch. Zwei Bertie Botts Bohnen fanden auf diesem Weg ebenfalls ihren Weg in den Kelch.
Die Blauen Augen der Britin weiteten sich, als sie bemerkte was sie gerade getan hatte. "Nein, nein, nein!", entfuhr es ihr verzweifelt. Doch es war schon zu spät. Nichts wie raus hier. Schnell stopfte sie das restliche Zeug in die Tasche zurück und sprintete aus dem Saal, ohne sich noch ein weiteres mal umzudrehen.
Wenn ihr etwas das Leben kosten könnte, dann ihre dämliche Tollpatschigkeit. Sie wollte am liebsten im Boden versinken, als sie unter Gelächter den Ort des Geschehens verließ.